Mittwoch, 12. Dezember 2012

Wann weinen Erwachsene?


Die wirklich wichtigen Dinge fallen meinem Großen gerne auf der Rückbank beim Kindergartentransport ein. Und erwischen mich dann manchmal recht kalt – vor allem, wenn man es eilig hat, die Fahrt nur ein paar Minuten dauert und man aus dem Bauch heraus eine sinnige Antwort geben muss.

„Wann weinen Erwachsene?“ kam da also letztens von hinten. Meine Antwort war, dass es ganz viele Gründe gibt. Weil man sich wehgetan hat, weil man traurig ist oder wütend – aber manchmal auch, weil man sich ganz doll freut. Und genau das war der Punkt, warum mir diese Frage etwas zusetze und mir auch nicht mehr aus dem Kopf ging. Weinen vor Freude. Wenn man sich überlegt, wann man selber das letzte Mal geweint hat, fällt mir vor allem ein ganz besonderer Moment ein.

Vor fast genau einem Jahr lagen nach einer kurzen, schweren Krankheit, einem langen Dauerschlaf und dem Kampf mit 2 multiresistenten Krankenhauskeimen ein paar sehr schwierige Wochen hinter mir und meiner Familie. Und ich wollte nur eines: so schnell wie möglich meine Kinder sehen. Ein unfassbarer Instinkt, der mich da ergriff...aber ich konnte mir nichts Dringlicheres vorstellen. Dank dem Einsatz von Ärztin, Personal und Hygienebeauftragtem in dem Krankenhaus fand man schließlich einen Weg und ich konnte nach über einem Monat (mit Schutzkleidung verhüllt) meine Kinder sehen.  Mein Großer wartete freudig und neugierig auf mich und strahlte – und was machte ich? Heulen. Wie ein Schloßhund. Ich konnte es gar nicht kontrollieren. Auch nicht, als ich die Verunsicherung in seinem Gesicht sah. Warum weint jetzt die Mama? Wenn wir uns doch alle freuen?




Genau deswegen: weil ich mich so freute. Na gut, und Erleichterung war dabei, Dankbarkeit...im Grunde kann man es doch oft gar nicht so genau benennen. Überforderung ist bestimmt auch oft ein Grund oder Verzweiflung, Hilflosigkeit...  Ich habe gelesen, dass das Weinen an sich, insbesondere aber das „emotionale Weinen“ ein großes Rätsel ist.  Allein das finde ich faszinierend. Das Weinen beim Menschen (Tiere weinen übrigens nicht) ist also ein Rätsel, genauso wie das Schnurren der Katze.

Wissenschaftler nehmen an, dass Weinen (neben dem Grund der Reinigung des Auges von Fremdkörpern, was aber auch als umstritten gilt), einen beruhigenden Einfluss auf den Menschen hat. Über die Tränen werden Hormone freigesetzt, die wie ein natürliches Beruhigungsmittel wirken. Außerdem schwemmt man Schadstoffe raus – so dass man gemeinhin sagt, dass Jemand der weint, seltener krank wird. Auch ob man sich jetzt erleichtert fühlt danach, oder nicht...Stress und Anspannung lösen sich mit den Tränen – und deswegen dürfen natürlich auch Jungs & Männer weinen.

Für Kinder (und manche Erwachsene) gilt übrigens auch noch das aus Säuglingszeiten beibehaltene Verhaltensmuster: Weinen = Aufmerksamkeit. Für einen Säugling lebensnotwendig, für sprachlich versierte Kinder ein schönes Druckmittel und bei Erwachsenen ja nun wirklich überflüssig (nicht das Weinen an sich, das Weinen um Aufmerksamkeit zu bekommen).

Mit meinem Großen habe ich im letzten Jahr (ausgehend von der Situation im Krankenhaus) öfter mal über das Thema Weinen gesprochen. Und ich kann mich jetzt ja nicht so ganz dem Eindruck erwehren, dass er selber sehr wohl zwischen gespieltem Trotzheulen und echtem „emotionalen“ Weinen unterscheidet. Auf meine Gegenfrage hin, wann denn Kinder weinen würden, sagte er nämlich: „Nur, wenn sie sich dolle weh getan haben“.







PS: Kein besonders fröhlicher Eintrag, aber wie sollte er das sein, beim Thema Weinen? Dennoch eine lustige Anekdote. Mir ist nämlich noch ein Schlüsselmoment einfallen, wann ich weinen musste. Dazu muss man sagen, dass ich nicht besonders nah am Wasser gebaut bin und zum Beispiel nicht vor Rührung schluchzend im Kreissaal Sohn 1 oder Sohn 2 im Arm hielt.  Aber, wer erinnert sich an die „Du bist Deutschland“-Kampagne? Da sitze ich also hochschwanger mit dem Großen im Bauch auf dem Sofa und bekomme diesen Spot zu sehen
Entschuldigt – welche werdende Mama mit Wunschkind im Bauch bringt da nicht in Tränen aus? (und schön find ich die Aussagen übrigens heute noch).





Quellen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Weinen

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